Gedanken eines kleinen Konzertveranstalters zu Urheberrecht und daraus resultierenden Gebühren

Das Urheberrecht erlischt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Die Konsequenz ist: Jeder Konzertveranstalter muss für bedeutende Kompositionen des 20. Jahrhunderts an die AKM Abgaben (Gebühren) zahlen. Bei einem Verwaltungsaufwand von jedenfalls über 10 % (so ganz klar scheint mir das nicht) und Tantiemenausschüttungen von laut Bilanz 66,88 Mio EURO (Jahresbericht 2004) hat die AKM jedenfalls ein Millionengeschäft (in Schilling sogar rund eine Milliarde) verwaltet.

Ein Komponist schreibt Musikwerke und lebt (zumindest zum Teil) davon. Es ist durchaus berechtigt, dass er nicht nur etwa für Auftragswerke Honorare bezieht, sondern auch aus jeder Aufführung einen Anteil erhält. Damit wird seine (künstlerische) kreative Leistung honoriert.

Ein "gewöhnlicher" Angestellter lebt von seiner, nehmen wir einmal an, nicht ganz so kreativen Arbeit. Was immer er seinen Erben hinterläßt, ist das, was er zeitlebens erwirtschaftet hat. Die Erben tragen, nach den Gesichtspunkten der Wirtschaftswissenschaften betrachtet, zu seinen Lebzeiten nicht viel zu ihrem späteren Erbe bei, nach seinem Ableben naturgemäß gar nichts. Dann werden sie auch nicht mehr mit weiter laufenden Vergütungen "versorgt".

Die Erben des Komponisten werden aber bis 70 Jahre nach seinem Tod (früher waren es 50 Jahre!), also über wenigstens zwei Generationen, weiter "versorgt". Wofür eigentlich? Hält jeder das künstlerische Erbe des Verblichenen in der Öffentlichkeit am Leben? Entspricht das dem Gleichheitsgrundsatz unserer Verfassung?

Künstlerische (Musik-)Werke werden häufig auch verlegt. Damit leistet auch der Verlag Arbeit, die ihm durch den Verkauf seiner Publikationen honoriert wird. Die Werke können auch auf Tonträgern erscheinen, wofür wieder der Produzent investieren muss. In beiden, wie auch in ähnlich gelagerten, Fällen wäre in einer gesunden Marktwirtschaft der Preis des Produkts so zu kalkulieren, dass bei entsprechendem vorausgeschätztem und auch erreichtem Absatz des Produkts noch ein angemessener Gewinn bleibt. Die kreative Leistung für das Verlegen bzw. Produzieren ist im Vergleich zu der des Komponisten jedenfalls gering.

Trotzdem scheinen auch etwa Verleger von den Aktivitäten der AKM (Autoren - Komponisten - Musikverleger) bis 70 Jahre nach seinem Tod zu profitieren. Wofür eigentlich?

Als "kleiner" Veranstalter von Kammermusik-Konzerten in einem Schloss im Weinviertel, in dem Jahr für Jahr  Solisten und Ensembles der Spitzenklasse sowie auch die besten Nachwuchskünstler auftreten, habe ich (als gesetzestreuer Mensch) die Belastungen durch die AKM fast 20 Jahre lang auf mich genommen. Wir hatten mit der AKM eine sogenannte "Einnahmenverrechnung" vereinbart, das heißt, wir gaben zu Konzerten mit geschützten Werken die Einnahmen aus dem Kartenverkauf mittels sogenannter "Anmeldekarte" der AKM bekannt, üblicherweise nach dem Konzert (die AKM war durch die ihr zugehenden Einladungen stets vorinformiert). Wie daraus die AKM-Gebühr errechnet wurde, war uns immer ziemlich schleierhaft, aber, da sich die Gebühren in vertretbarer Höhe hielten, akzeptierten wir sie einfach.

Ein Beispiel für die (aus unserer Sicht) Irrationalität der Gebührenberechnung:

Für das Konzert am 29.3.1998 war (nach Anzahl der Programmpunkte wie auch nach Spieldauer) die Hälfte des Programms geschützt (Francaix, Poulenc - Briccialdi, Beethoven) und wir bezahlten eine Gebühr von S 1134,-- (brutto).

Für das Konzert am 22.8.1999 waren zwar zwei von vier Programmpunkten geschützt (Barcaba, Schubert-Barcaba), aber die Spieldauern verhielten sich wie 41 Minuten (zwei Haydn-Streichquartette) zu 24 Minuten (Schubert -Barcaba, Barcaba). Also wären aus laienhafter Überlegung vielleicht 7 Prozent Gebühr berechtigt. Wir bekamen aber 10 % + Mehrwertsteuer, also S 1508,40 (brutto) vorgeschrieben.

Wir verstanden auch nie wirklich, welchem Zweck diverse Angaben auf den Anmeldekarten dienen:

All diese Unklarheiten wurden übrigens der AKM brieflich Ende September 1999 bekannt gegeben; die Reaktion darauf war Null. Wir fanden uns damit ab; die Sache kostete Geld, war aber wenigstens administrativ nicht aufwendig.

Seit etwa 2005 scheinen in der AKM jedoch neue Richtlinien samt zugehörigen Formularen in Kraft getreten zu sein. Nach diesen müssen die Veranstalter folgendes auf sich nehmen:

Jede Veranstaltung ist mittels Anmeldekarte im Vorhinein zu melden, auch wenn etwa nur Barockmusik gespielt wird. Laut Anmeldekarte "ersucht der Unterfertigte die AKM um Erteilung der Aufführungsbewilligung ...". Bisher ist es ohne dieses Ersuchen gegangen (es wäre wohl auch kaum jemals eine Prokofieff-Sonate unbewilligt geblieben!); für rein klassische Konzerte etwa haben wir weder vor noch nach dem Konzert etwas zur AKM geschickt.

Nach jeder Veranstaltung ist eine A4-seitige Anmeldebestätigung (auf Papier, untenstehend) an die AKM zu senden (oder das entsprechende Formular auf der AKM-Homepage, rechtsstehend, auszufüllen). Darin ist unter anderem die Größe des Raums in m² anzugeben (wozu?).

AKM-Veranstaltungsbestätigung

Beide Formulare vom 16. Dezember 2005! Inzwischen wurde der Ablauf dank https://lizenzshop.akm.co.at/Lizenzshop/ allerdings einer reinen Web-Lösung zugeführt.

Man hat doch anscheinend auf berechtigte Kritik reagiert. Wegen des Unterhaltungswerts lassen wir aber dich den rest dieses Textes unverändert.

AKM Online-Veranstaltungsbestätigung
Muss ich jetzt eines Stempel des Kulturkreises anfertigen lassen?

Wieso sind nicht auf dem Papierformular die gleichen Angaben "notwendig" wie auf dem Online-Formular?

Wozu braucht die AKM die Internet-Adresse (IP-Adresse 81.217.117.217) meines Gateway-Rechners, die noch dazu nach dem nächsten Hochfahren dieses Rechners sicher eine andere ist? Ist das das Werk eines verspielten HTML-Programmierers? Denkt niemand über Sinn und Unsinn nach?

Die Anzahl der verkauften Karten samt Brutto-Kartenpreis ist auf dem Papier-Formular in ACHT Kategorien aufgeschlüsselt anzugeben, sechs unter "Anzahl der verkaufte Karten", zwei weitere unter "Weitere zahlende Besucher". Was ist der Unterschied? Welchen Sinn hat die Aufgliederung, wenn doch die Gebühr nach den Gesamteinnahmen berechnet wird? Ist das Online nicht nötig?

Wir verkaufen zwar einheitliche Eintrittskarten, aber hauptsächlich, um eine zusätzliche Kontrolle über die Zahl der bereits eingetroffenen Konzertbesucher zu haben. Es gibt aber verschiedene Preise: Normalpreis, 20 % Ermässigung für Ö1-Club-Miglieder, 50 % für Studenten, Kinder, 5 EURO Bonus einmal jährlich für Besucher, die unsere Einladungen per eMail erhalten, ... . An der Kasse ist niemand in der Lage, bei größerem Ansturm all das in Evidenz zu halten und zu dokumentieren. Wozu auch, wenn sich aus dem Kassainhalt nach dem Konzert präzise die Einnahmen feststellen lassen und genau dieser Betrag an die AKM zu melden ist.

Was wäre, wenn wir unsere Konzertbesucher nach Bezahlung des für sie gültigen Preises einfach einlassen würden, ohne ihnen eine Karte in die Hand zu geben (ein weiteres Mal kontrolliert werden die Karten bei uns sowieso nicht!)? Wir "verkaufen" dann keine Karten. Müssen wir dann unter "Weitere zahlende Besucher" einsetzen? Wir haben aber viel mehr als zwei Preiskategorien (die noch dazu nicht dokumentierbar sind, wie schon erläutert). Die verlangte "Gesamtanzahl der Besucher" könnten wir dann nur schätzen, ausserdem dient sie ohnehin nicht der Gebührenbemessung.

Interessante Informationen auf dem Papier-Formular sind auch:

"Bei unrichtigen Angaben wird in Zukunft keine Einnahmenrechnung akzeptiert". Also nur Pauschalverrechnung: Rute im Fenster - wird sicher für den Veranstalter ungünstiger. Womit man dann zu rechnen hätte, erfährt man nicht (oder jedenfalls nicht ohne weiteres).

Was passiert mir, wenn mir in der Summe der aufgeschlüsselten Karteneinnahmen einen Additionsfehler passiert und die Angabe dadurch "UNRICHTIG" wird?

"Die Bestätigung ist nur mit zwei Unterschriften (z.B. Veranstalter und Kassier) gültig.

Welchen Nutzen haben zwei Unterschriften? Glaubt die AKM, es mit Betrügern zu tun zu haben, die man eventuell später verfolgen möchte?

Es ergeben sich zwei Alternativen für uns:

a) einen völlig überflüssigen zusätzlichen, nicht unbeträchtlichen Verwaltungsaufwand auf uns nehmen. Das wollen und können wir nicht; wir haben mit dem Organisieren unserer Konzerte schon mehr als genug zu tun und haben selbst (ad personam) noch nie dadurch etwas verdient.

oder

b) auf Werke von Komponisten, die nach 1935 gestorben sind, verzichten. Wir können also nicht mehr Prokofieff, Bartok, Strawinski, Pirchner, Schostakowitsch und Dutzende andere spielen. Das ist aus künstlerischen Gründen inakzeptabel.

Natürlich: die AKM stützt sich auf die Gesetzeslage (die werde ich mir sobald ich etwas mehr Zeit finde, einmal näher ansehen). Aber muss deswegen (gerade in Zeiten, in denen sogar die hohe Politik, wenn auch ziemlich erfolglos, nach Verwaltungsreform, administrierbaren Gesetzen und Verordnungen und ähnlichem ruft) das schlechte Beispiel, das fast überall vor allem im öffentlichen Bereich vorgelebt wird, nachgemacht werden?

Wenn einem noch ein Rest an Humor geblieben ist kann man sich Gedanken zu der folgenden Bestimmung im Internet-Formular Einzelveranstaltung mit Live-Musik - Anmeldung machen:

Nachdem ich das Online-Formular fleissig ausgefüllt habe, darf ich entscheiden, ob ich die "allgemeinen Bedingungen" akzeptiere oder nicht. Was passiert, wenn ich nicht akzeptiere?

Conclusio: Wenn es schon sein muss und die Rechtslage mich dazu zwingt, zahle ich auch weiterhin meine AKM-Gebühren. Aber eine wesentliche Erhöhung meines administrativen Aufwands, der rein aus für mich nicht nachvollziehbaren Unsinnigkeiten resultiert, lehne ich entschieden ab.

Empfehlung an die AKM: Befassen Sie doch einmal einen guten Juristen mit Ihren Abläufen.